19.06.2003
Meinung gefragt: Feiertage abschaffen?
Bundesminister Clement hatte in einem "Stern"-Interview die Zahl der Feier- und Urlaubstage in Deutschland als zu hoch kritisiert. Er habe einen Denkanstoß über das Verhältnis von Arbeitszeit und Freizeit geben wollen, sagte der SPD-Minister.
Es müsse einmal sehr deutlich über die Kosten der Arbeit im internationalen Wettbewerb gesprochen werden. "Wir sind, was Urlaubszeit, Feiertage und Arbeitszeit angeht, zweifelsohne an der Grenze angelangt", so Clement.
Dagegen regt sich nun Widerstand. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die katholische Kirche sind strikt dagegen, Feiertage abzuschaffen, um die Arbeitszeit wieder zu verlängern. Auch die Grünen und Wirtschaftsexperten kritisierten die von Clement angestoßene Diskussion.
Jetzt ist Wirtschaftsminister Wolfgang Clement erst einmal zurückgerudert.
Die Kritik von Kirchen, Gewerkschaften und Ökonomen hat gewirkt, Feiertage sollen vorerst doch nicht abgeschafft werden.
Sommer: Clement soll für Arbeit sorgen
DGB-Chef Michael Sommer forderte Clement auf, nicht "jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf zu treiben". Die Deutschen hätten "zunächst mal zu wenig Arbeit", sagte er dem Fernsehsender N24. Clements vornehmste Aufgabe sei es, Beschäftigung zu schaffen und nicht "den Leuten die Feiertage zu nehmen".
Zwickel: Längere Arbeitszeiten "Gift für die Konjunktur"
Auch IG-Metall-Chef Klaus Zwickel glaubt, dass dadurch kein einziger neuer Arbeitsplatz entsteht. Wer mit der Forderung nach längeren Arbeitszeiten die Hoffnung nach mehr Wachstum verbindet, erzähle Unsinn. Längere Arbeitszeiten seien "Gift für die Konjunktur". Der weitere Anstieg der Arbeitslosigkeit sei damit vorprogrammiert. In der gegenwärtigen Situation müsse vielmehr die lahmende Binnenkonjunktur durch mehr öffentliche und private Investitionen angekurbelt werden, sagte Zwickel.
Wirtschaftsexperten glauben nicht an Wachstum
So sagte der Konjunkturexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW), Gustav Horn, ein zusätzlicher Arbeitstag bringe ein verschwindend geringes Mehrwachstum. Dass mehr Arbeitszeit mehr Wachstum bringe, funktioniere nur in Boomzeiten, wenn die Nachfrage nach Arbeit hoch sei. In der aktuellen Flaute führe dies nur zu einem Überangebot an Arbeit, sagte Horn.
Nach Einschätzung von Volkswirten würde die Streichung von Feiertagen die Konjunktur auch kurzfristig nicht in Schwung bringen. "Wenn man diesen Wachstumsimpuls jedes Jahr haben will, müsste man Jahr für Jahr Feiertage streichen", meint Deutsche-Bank-Volkswirt Stefan Bielmeier.
Viel dringlicher als die Streichung von Feiertagen ist für die meisten Volkswirte eine Verbilligung der Arbeitskosten in Deutschland. "Eine Senkung der Lohnstückkosten ist unter gesamtwirtschaftlichen Aspekten natürlich positiv", sagte Ulrich Hombrecher, Chefvolkswirt bei der West-LB..
Handwerkspräsident Dieter Philipp sprach sich für weniger bezahlte Feiertage aus. Gleichzeitig forderte er, die Feiertage so zu organisieren, dass keine Brückentage mehr möglich sind. Diese störten gerade kleine Betriebe in ihrer Auftragsbearbeitung und legten oft ganze Verwaltungen lahm, sagte Philipp der Tageszeitung "Die Welt".
"Diese Diskussion ist ziemlicher Quatsch", sagte Grünen-Steuerexpertin Christine Scheel unumwunden in der ARD. "Insgesamt ist es so, dass wir in Deutschland in allen Bundesländern neun Feiertage haben. Es gibt Bundesländer, die haben 14 Feiertage, und dort ist die Arbeitslosigkeit geringer als woanders." Auch international liege man mit diesen Zahlen "nicht gerade an der Spitze, sondern im unteren Mittelfeld", so die Grünen-Haushaltsexpertin.
CDU-Fraktionsvize Friedrich Merz tat den Vorstoß als unrealistisch ab.
Lehmann verweist aufs Grundgesetz
Der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, argumentierte, die kirchlichen Feiertage seien zu wichtig, um je nach Kassenlage oder wirtschaftlicher Konjunktur über sie zu verfügen. "Auch Menschen, denen sich der religiöse Gehalt der Feiertage nicht erschließt, schätzen sie als Tage der Arbeitsruhe und seelischen Erhebung, wie es das Grundgesetz ausdrückt", sagte Lehmann der "Saarbrücker Zeitung".
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