28.07.2009
Abbau der Deregulierung
Selten herrschte unter Politiker/-innen in Berlin mehr Einigkeit als dieser Tage: Fehlende staatliche Regelungen seien der Grund für die derzeitige Krise – mehr Regulierung daher notwendig. Die einstige „Zauberformel Deregulierung“ scheint vergessen.
Eine wissenschaftliche Studie erinnert jetzt an die Worte von Politiker/-innen vor der Krise. Wie glaubwürdig sind Politiker/-innen, die noch gestern mehr Deregulierung predigten?
„Zauberformel Deregulierung“
Noch vor kurzer Zeit strotzten die Wahlprogramme der verschiedenen Parteien nur so vor wirtschaftsliberalen Positionen: „Wir entschlacken die Vorschriften zum Kreditwesengesetz und führen die bestehende Überregulierung bei der Bankenaufsicht auf das notwendige Maß zurück“, hieß es etwa im Wahlprogramm der CDU/CSU zur Bundestagswahl 2005. Neben der Deregulierung der Finanzwelt, standen Forderungen nach einem flexibleren Arbeitsmarkt auf der Tagesordnung. Immer wieder wurde vom konservativen und liberalen Lager die Lockerung des Kündigungsschutzes gefordert. Guido Westerwelle, Vorsitzender der FPD und selbsternannter wirtschaftsliberaler Vordenker, kündigte im Vorfeld der letzten Bundestagswahl gar Folgendes an: „Wir werden nach dem Wahlsieg 2006 die Gewerkschaftsfunktionäre entmachten. Wir werden das starre Tarifvertragssystem aufbrechen.“ Vorausgegangen war der drastische Rückbau des Sozialstaats. Neben gravierenden Einschnitten in das soziale Sicherungssystem und den Arbeitmarkt wurden im Rahmen der Agenda 2010 u. a. auch die Regeln im Finanzmarksektor gelockert und Hedge Fonds von der rot-grünen Bundesregierung zugelassen.
Die Studie
Da angesichts der aktuellen Krise mit dem Thema Deregulierung bei den bevorstehenden Wahlen kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist, hat sich die Debatte gedreht. Jetzt wird darüber gestritten in welchen Bereichen mehr Regulierung vonnöten sei. In einer von der Hans-Böckler-Stiftung in Auftrag gegebenen Studie lässt sich nun nachlesen, welche Politiker/-innen in den fünf Jahren vor der derzeitigen Krise am lautesten nach Deregulierung gerufen haben, wer durch Ausgewogenheit auffiel und wer nicht auf Deregulierungspolitiken setzte. Untersucht wurden Reden, Gastbeiträge und Interviews von den Mitgliedern des Bundeskabinetts sowie der Parteivorsitzenden der im Bundestag vertretenen Parteien in 34 führenden deutschen Tagesmedien.
Die Ergebnisse ...
... sind nicht verwunderlich: Westerwelle führt den Deregulierungsindex mit einem Wert von 100 % an, d. h. in allen seinen Aussagen bezüglich der untersuchten Politikfelder Finanzmärkte, Unternehmensführung, soziale Sicherung und Arbeitsmarkt sprach er sich für weniger staatliche Eingriffe aus. Dicht dahinter sind Politiker/-innen von CDU/CSU, wie etwa die Ministerpräsidenten Oettinger und Koch, die in gut 87 % bzw. 75 % ihrer Äußerungen Deregulierungspolitiken befürworteten. Kanzlerin Angela Merkel kommt mit 70,8 % auf einen Platz im oberen Mittelfeld (durchschnittliche forderten Politiker/-in in knapp 50 % der Fälle weniger staatliches Eingreifen). Finanzminister Peer Steinbrück rangiert mit 55 % oberhalb, Arbeitminister Olaf Scholz (beide SPD) mit 48 % knapp unterhalb des Mittelwerts. Sowohl die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth als auch Linkspartei-Chef Oskar Lafontaine liegen erwartungsgemäß am Ende der Skala. Bei beiden ließ sich keinerlei Deregulierungsforderung finden. Besonders bedenklich ist laut Studie aber, dass führende Forschungsinstitute einen wesentlich vehementeren Deregulierungskurs befürworten als die Politik selbst. So sprachen sich alle Chefs der sechs wichtigsten deutschen Wirtschaftsinstitute zu 100 % für Deregulierungen aus und beharren weitestgehend auf ihren Forderungen.
Werfen Sie einen Blick in die Studie und machen Sie sich selbst ein Bild davon, welchem derzeitigen Wahlkampfgetöse mit besonderer Vorsicht zu begegnen ist und wem Glauben geschenkt werden darf, der/die heute wieder eine aktivere staatliche Sozialpolitik fordert. Als Interessenvertreter/-in liegt es auch an Ihnen, dass die derzeitigen Appelle an das Sozialstaatsprinzip nicht nur leere Worthülsen bleiben und auch nach der Wahl etwa die Rechte von Arbeitnehmer/innen nicht bloß verteidigt, sondern ausgebaut werden.
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